[Deutsch-deutsche Karte]

Dresden. Die Frauenkirche – alles, was von ihrer Vergewaltigung übrig blieb. Der Zwinger. Das Schloß. Radeberger Luxusklasse und Kabbergebäck gesüßt, EVP -.75 M.
Ibrahim Böhme ist „nicht reinrassig“ – „man sieht es ihm schon an“. „Helmut Kohl ist kein Staatsmann.“ Udo Lindenberg ist der Größte. (Iß du noch ein bißchen.)
Hier im Tal der Ahnungslosen erhofft man sich Großes; gewählt wird das kleinere Übel.
Gelesen (so richtig gelesen) hat der Konrad (sic!) eigentlich nur Anaïs Nin (hier: Künstler und Modelle; Verlag Volk und Welt) – zerfleddert ist es, aber nichts ist draufgespritzt. Dafür gibt’s ein Helmut-Kohl-Plakat als Fetisch. Fetische allerorten. VW-Wimpel, Aufkleber („Ich bin Energiesparer“), Udo-Lindenberg-Plakate.
GO WEST. Wahllos.
In den Schubladen: Matchboxautos, Noten, Briefmarkenalben. Auf dem Bord eine Holztafel (handgeschnitzt?):
LEBEN HEISST KÄMPFEN!
An der Wand kein Orakel, aber eine deutsch-deutsche Karte.

 

[Bernward Reul, 6.III.1990]